Streiflicht aus Dembi Dollo
Die Kirchengemeinden Berlin-Müggelheim und Berlin-Schmöckwitz haben eine verbindliche Projekt-Verabredung mit der Western Wollega Bethel Synode der MekaneYesus Kirche (WWBS) mit Synodensitz in Dembi Dollo und eine Gemeindepartnerschaft (mit wechselnden Projektbeteiligungen) mit der Kirchengemeinde Chanka in der Dale Wobera Presbytery, die ihrerseits zur WWBS gehört.
Seit 2003 unterstützen wir das Aids-Waisen-Projekt der WWBS. Es begann damals mit der Hilfe für 30 Familien, die ein Waisenkind adoptiert hatten, dessen Eltern an AIDS verstorben waren, mit 10,00 €/Monat. Schrittweise konnten wir diese Hilfe steigern, sodass seit einigen Jahren 300 Familien unterstützt werden.
Bei jedem Besuch in Äthiopien suchen wir das Gespräch mit den Verantwortlichen für dieses Projekt. Das ist neben dem Synodenpräsidenten vor allem das Development and Social Service Office (DASSC) und die für die konkrete Umsetzung zuständige Sozialarbeiterin Beshatu.
In den ersten Jahren war die wiederkehrende bange Frage unserer Partner, wie lange die Empfänger noch mit der Unterstützung rechnen könnten ein wiederkehrendes Gesprächsthema.
In diesem Jahr gab es im Juni eine Evaluation dieses Projektes. Entsprechend wurde darüber gesprochen, welche Konsequenzen aus den Ergebnissen zu ziehen sind. Da ist etwa die Frage zu klären, nach welchen Kriterien ein Empfänger in die Unterstützungsleistungen aufgenommen wird, wer darüber entscheidet und wodurch die Unterstützung endet. Solche Kriterien gab und gibt es natürlich:
- Es werden nur die Ärmsten unterstützt, die sich selbst nicht helfen können.
- Ein Waisenkind im schulfähigen Alter muss zur Schule gehen.
- Es muss eine Bescheinigung vorliegen, dass die Eltern an AIDS verstorben sind.
Inzwischen haben sich die Verhältnisse dadurch geändert, dass
- auch HIV positive Eltern unterstützt werden, die die antiretroviralen Medikamente dank des Globalen Fonds der VN kostenfrei bekommen, aber so geschwächt sind, dass sie allein nicht für ihren (und oft ihrer Kinder!) Unterhalt nicht allein sorgen können;
- über die Auswahl der Hilfsempfänger auch staatliche Vertreter mitentscheiden;
- das Projekt immer weiter gewachsen ist.
Da der Evaluationsbericht noch nicht allen Gesprächsteilnehmern vollständig vorlag, haben wir mit den Verantwortlichen nur das weitere Vorgehen verabreden können: Es wird sowohl in Berlin als auch in Dembi Dollo ein Entwurf einer Übereinkunft entworfen, um mit allen Beteiligten möglichst zeitnah zu einer schriftlich fixierten Übereinkunft zu kommen.
Außerdem ist uns sehr daran gelegen, Hilfsempfänger zusammen mit der Sozialarbeiterin aufzusuchen, sie in ihrem häuslichen Umfeld zu erleben und ihren Geschichten zuzuhören. Die Sozialarbeiterin organisiert diese Besuche zuvor. Manchmal finden die von uns erbetenen Gespräche auch in ihrem Büro statt.
Solche Besuche gab es auch in diesem Jahr in Dembi Dollo, vor allem aber in Chanka, wo Mitglieder der Gemeindeleitung, unsere Hausbesuche vorbereitet hatten, uns begleiteten und für uns dolmetschten.
Bald nach Beginn unserer Gemeindepartnerschaft gab es ein Gespräch mit dem damaligen Synodenpräsidenten Teferi Berkesa, in dem er uns deutlich machte, dass wir bei unseren Aktivitäten vermeiden müssten, dass es in den Nachbargemeinden von Chanka Neid gäbe wegen unserer Projektkooperation.
Wir haben dann damals verabredet, als Projektpartner den Kirchenkreis (presbytery) Dale Wobera statt der Gemeinde Chanka zu unterstützen. Das haben wir auch einige Jahre so gehandhabt, dass wir in jedem Jahr für ein anderes Projekt der Presbytery Geld gesammelt haben bei unseren sommerlichen Benefizkonzerten.
Später entschlossen wir uns, uns nur auf das Aids-Waisen-Projekt zu konzentrieren, statt jedes Jahr ein neues Projekt an unsere Spender heranzutragen. Es gab im Territorium der WWBS auch so viele Betroffene, dass diese Konzentration sinnvoll war. Diese Mittel flossen auch nicht nur in eine Gemeinde, sondern in das Gebiet der ganzen Landeskirche.
Ich erinnere hier daran, weil uns währende unseres jetzigen Besuchs in Chanka noch spät am Sonntagabend (25.10. 2015) der Synodenpräsident Qes Chali Yosef zusammen mit Qes Mihiretu aus dem Synodenbüro und Etana Terfa, der in Chanka lebt und Chairman der Presbytery Dale Wobera ist, besuchten, um mit uns über die Partnerschaft zur Presbytery Dale Wobera zu sprechen. Ich erklärte ihnen, dass wir das aus den beschriebenen Gründen einmal zugesagt, aber niemals gekündigt haben. Weil wir uns aber immer stärker für das Aids-Waisen-Projekt engagierten und bemüht sind, die dafür gemachten Zusagen auch einzuhalten, können wir eine zusätzliche Unterstützung der Presbytery Dale Wobera nicht realisieren.
Das haben die Gesprächspartner auch verstanden und akzeptiert.Für mich eine Lehre, in der Kooperation mit den Südpartnern so deutlich wie möglich zu sagen, was man tun kann und was nicht.
Siegfried Menthel