Begrüßung in der Chanka Secondary School am 22.10.2015:
Etana Terfa, der Chairman der Gemeinde Chanka und unserer Ansprechpartner in der „Arbeitsgruppe“ in Chanka, die sich um Bildung und die Zusammenarbeit mit den Schulen kümmert, ist wieder unser Begleiter in die Secondary School. Wir treffen den Direktor Zarihuun und Naol Benti (den stellvertretenden Direktor), stellen uns vor, überreichen die Grußworte unserer Schule und die Atmosphäre ist so offen und entspannt, dass wir innerhalb kürzester Zeit über Pläne, Wünsche und Erwartungen sprechen können. Wie auch schon beim letzten Besuch wird unser Wunsch zur Hospitation im Unterricht ermöglicht und so erleben wir zwei Englischstunden in Klasse 9 und 10. Dadurch lernen wir gleich die Englischlehrer Fantahun und Birhane kennen.
In der anschließenden Pause finden sich alle Lehrer im der Bibliothek ein, wir haben somit die Gelegenheit uns auch vor dem Lehrerteam vorzustellen und verlesen das Grußwort unserer Schule.
Im Reflexionsgespräch mit den beiden Englischlehrern tauschen wir uns über den Unterricht aus und überlegen gemeinsam zwei Unterrichtstunden, die wir geben könnten…einerseits dem Wunsch der Lehrer entsprechend, weiter im bisherigen Lehrplan zu arbeiten und andererseits in Verbindung mit unserem Anliegen, etwas über unser Leben in unserer Heimatstadt Berlin erzählen zu können ( 20 min Lehrplanstoff/20 min Berlin ).
In diesem Zusammenhang bereiten uns die Englischlehrer sehr eindrücklich darauf vor, mit welchem Lehr- und Lernverständnis sie ihren Unterricht wahrnehmen und durchführen: Lernen findet fast ausschließlich über Zuhören statt. Insbesondere bei dem Erlernen der Fremdsprache Englisch werden in der didaktischen Reihenfolge die verbalen Parameter: „zuhören, schreiben, lesen, sprechen“ angesprochen und unterstützt.
Es ist ihnen sehr wichtig, dass wir die Schüler in ihrer Haltung verstehen und somit nicht überfordern oder bloßstellen. Auch weisen sie uns daraufhin, dass unsere Aussprache in Englisch sich sehr von ihrem Englisch unterscheidet und deshalb die Verständigung schwieriger sein kann und bitten uns, langsam und mit Wiederholungen darauf einzugehen.
Im weiteren Gespräch über die zeitliche und inhaltliche Planung unseres Besuches wird die von uns gewünschte Zeit für das Gespräch und die Diskussion über Partnerschaft mit aufgenommen. Und die Bitte an uns herangetragen, mit ausgewählten Schülern (Top 10) in eine organisierte Gesprächsrunde zu gehen, in der es um erfolgreiches Lernen gehen soll.
Schulbesuch am 23.10.2015
Wir haben uns auf eine Unterrichtsstunden in Englisch in der 9. Klasse vorbereitet, in der es um die Fortführung des Themas: „Einen Brief schreiben“ geht, (informal and formal letter) und wollen dies mit einer symbolischen Reise eines Briefes durch die Landkarten von Chanka, über Addis Abeba nach Europa und Berlin verknüpfen. Ein Vergleich der Größe und Einwohnerzahl von Addis und Berlin schließt sich an. In Berlin angekommen erzählen wir über die Stadt und die Verkehrsmöglichkeiten insbesondere, wie wir auf unterschiedlichen Wegen und Verkehrsmöglichkeiten wir zu unserer Schule gelangen. Zum Abschluss gibt es die Einladung an die Schüler, uns einen Brief zu schreiben, dazu haben wir schon frankierte Umschläge mit unserer Adresse vorbereitet.
Nach einer Pause im Büro des Direktors werden wir samt Gitarre unter den Fahnenmast eingeladen und anschließend zum gemeinsamen Volleyballspiel mit den Lehrern.
Anschließend gibt es eine Begehung der Laborräume, die im Unterschied zu 2013 nun schon minimal ausgestattet sind. Ganz konkret wird dabei die Bitte um Unterstützung durch Obbo Etana formuliert, durch unsere „Beweglichkeit“ Netzwerkarbeit leisten zu können um die Ausstattung sowohl mit Mobiliar und auch naturwissenschaftlichem Material vervollständigen zu können.
Die Top 10 – Runde mit den Schülerinnen gestaltete sich vorerst sehr konstruiert, deshalb baten wir nach unserer Vorstellung und der Vorstellungsrunde der Schüler um die Aufteilung in zwei Kleingruppen und teilten uns ebenfalls auf. In unserer Kleingruppe arbeiteten wir mit einigen Fotos, die wir mitgebracht hatten.
Obbo Zarihuun, der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates in Chanka und von Beruf Lehrer, übersetzte für die Schüler in Oromiffa. Wolf sprach im Dialog mit einigen Schülern folgende Punkte an:
- wie wichtig ist, es
die Dinge selber zu tun, Eigenverantwortung
zu übernehmen
keine Angst vor Fehlern zu haben - sich immer wieder die Situation vorzustellen, ich will einem anderen erzählen können, was ich gelernt und verstanden habe
- Geduld mit sich selber zu haben, das es Zeit braucht, bis man gelernt hat eigene Zweifel, Ängste zu überwinden aber dann auch Stolz darüber, wenn man Schwierigkeiten bewältigt hat
Erst in der Reflexion dieser Runden wurde uns bewusst, dass:
- Englisch die Sprache der Bildung ist, nicht der Kommunikation, es gelingt fast nicht, in dieser Sprache über sich selbst zu sprechen, über eigene Fähigkeiten aber auch Schwierigkeiten im Lernprozess
- es gibt eine große Ambivalenz zwischen den Vorgaben des Lehrplans der Regierung, dem Lehrauftrag der Pädagogen und der Rückmeldung der Schüler (als Hilfeschrei von uns wahrgenommen), dass es unter den aktuellen Bedingungen in der Schule unmöglich ist, die Lernvorgaben zu schaffen
- diese Ambivalenz erzeugt einen enormen Druck auf die Schüler, das konnten sie in unserem Gespräch ansatzweise ausdrücken und sie haben wirklich Mut gezeigt, mit uns in eine so beobachtete und kontrollierte Situation zu gehen…im Nachhinein hätte wir uns viele lieber ein unorganisiertes Gespräch mit den Schülern gewünscht, indem sie Fragen an uns stellen hätten können …
Schulbesuch am 26.10.2015
Diesmal haben wir uns auf eine Unterrichtstunde in der 10. Klasse vorbereitet mit dem grammatikalischen Thema: „Häufigkeitsadverbien“ und dieses verknüpft mit der „Geschichte des Hauptmanns von Köpenick“, in die wir nach einer Comictextvorlage besagte Adverbien mit eingebaut hatten.
Dann haben wir darum gebeten, die Schülerinnen in der Pause noch einmal ungeplant (not arranged) treffen zu können, was sich in der Praxis als unmöglich erwies, weil sofort eine riesige Traube um Uta und mich herum entstand und wir doch wieder auf die Übersetzung eines Lehrers angewiesen waren. Mit unserer „Rückendeckung“ jedoch konnten Wolff und Gero im Abseits der Lehrer in einer kleineren Gruppe mit Schülern ins Gespräch kommen.
Unser Anliegen für den Tag war es auch, die mitgebrachten Unterrichtsmaterialien für Biologie und Geografie an die Lehrer und die Buntstifte klassensatzweise an die Schüler zu überreichen, sowie den Mädchen aus dem „Girls`Club“ (Nachmittagsangebot in der Schule) die selbstgestalteten Memory-Spiele und die Taschen zu schenken, die unsere Schülerinnen in der Nähwerkstatt hergestellt hatten. Alles konnten wir nach und nach übergeben. Noal Benti erklärt uns im Zuge der Materialübergabe, dass es einen Vorbereitungsraum gibt, wo die Materialien dann für alle zur Verfügung stehen. Den Schülervertretern aus der nachfolgenden Partnerschaftsrunde konnten wir dann die Stifte übergeben.
Im Anschluss daran konnten wir in einer Runde mit Schülern und Lehrern, Etana und dem Direktor anhand von drei Fotos, um eine gemeinsamen Diskussion anzuregen, über unser Verständnis und unserer Vorstellungen von Partnerschaft sprechen.
Partnerschaftsdiskussion:
1.Bild: zwei Strommasten mit Stromleitung in äthiopischer Landschaft
Damit wollen wir die VERBINDUNG zwischen
….Kontinenten, Menschen, Kulturen, unserem Lebensalltag verdeutlichen; unsere
Schulen verbindet ganz konkret das Ziel Bildung zu vermitteln in einer
Gemeinschaft die auch Selbstbildungsprozesse aktiviert und unterstützt (siehe
Grußwort).
In der Begegnung, im Austausch über verschiedene Lebenswelten können wir
Fremdheit überwinden und uns den Beginn einer Zusammenarbeit vorstellen, in dem
wir mehr voneinander wissen und dadurch gemeinsame Ideen und Vorstellungen
entwickeln können. Dazu ist eine regelmäßige Kommunikation miteinander
unerlässlich.
2.Bild: das ausladende Dach einer Schirmakazienbaumes
Unter dem DACH einer Partnerschaft kann
Verschiedenes zusammen wachsen, dazu braucht es: Respekt, Offenheit, die
Bereitschaft zu einer lebendigen Kommunikation, miteinander ehrlich sein,
zuhören können, nachfragen.
Eine Partnerschaft ist ein gemeinsamer Weg zu einer neuen freiwilligen
Gemeinschaft, des Miteinander und Voneinander Lernens (Geben und Nehmen). Beide
Seiten sind herausgefordert gemeinsam nebeneinander zu gehen (side by side),
Schritt für Schritt und mit einer gleichberechtigt geteilten Handlungspraxis.
3.Bild:zwei äthiopische Kinder blicken uns direkt an
in AUGENHÖHE meint: selbständig, gleichberechtigt,
mündig, im ehrlichen Dialog miteinander, Helfersyndrom ablegen,
Eigenverantwortung stärken
Wir sind hier, in der Schule und im Umfeld der Schule, Menschen begegnet, die
eigenverantwortlich handeln und unter den gegebenen Bedingungen engagiert und
nachhaltig Verantwortung füreinander übernehmen. Dieses Engagement wollen wir
unterstützen!
Das setzt voraus, dass wechselseitig Mut zur Offenheit herrscht und Wünsche
offen geäußert werden dürfen.
Wir sind dazu bereit, einen Verständigungsprozess zu erlernen, der weg von dem
„Thron“ der entwickelten Gesellschaften geht und beim nebeneinander gehen und
sich gegenseitig zuhören beginnt.
Folgende Punkte haben wir mündlich verabredet und setzen uns gegenseitig zeitnah für eine schriftliche Vereinbarung ein.
- Wir haben wieder über eine schriftliche Vereinbarung gesprochen und eine Beispielvorlage von einer Schulpartnerschaft Deutschland /Tanzania gezeigt, in der unseres Erachtens ein sehr grundlegender (basisorientierter) klar und verständlicher Text schon auf Englisch formuliert ist.
- Wir haben den
Direktor gebeten, dieses vielleicht als Vorschlag zu übernehmen und als ihren
Vorschlag zu gestalten und noch in unserer Besuchszeit vorzubereiten.
Desweiteren hat der Direktor hat uns gebeten, für die Ausstattung des Labors für den Nawi–Bereich Unterstützung zu leisten. - Ansprechpartner für uns sind die von dem Direktor dafür berufenen Englischlehrer Obbo (Herr) Fantahun Belete und Adde (Frau) Birhane Seyome.
- Für die Schülervertretung sind berufen die 6 SchülerInnen, die auch schon in den Gesprächen dabei waren:
- Aster Tesfaye, Feben Dawit, Abdi Jemal, Saraa Kifile, Kumera Dina, Danil Fifisa
- Sehr wichtig für uns war die Auswertung zur bisherigen Kommunikation. Insbesondere Etana äußerte sich dazu sehr selbstkritisch und so wurde übereinstimmend verabredet, dass für eine gelingende Partnerschaft der regelmäßige Kontakt und Austausch miteinander unabdingbar ist und wir das für mindestens viermal im Jahr festlegen.
Die Reise stand unter einem großen Thema, mit dem wir uns im Vorfeld eingehend beschäftigten und das auch immer wieder während der Reise Anlass für Gespräche insbesondere Interviewfragen mit unterschiedlichen Menschen war.
„Die Neue Afrika-Politik des BMZ – Afrika auf dem Weg vom Krisen-zum Chancenkontinent“, impliziert einen konsequenten Perspektivwechsel in unserer Sichtweise auf Afrika.
Für uns als Schulpartnerschaftsgruppe stand vor allem das Interesse und unsere Neugier im Vordergrund, Menschen in der und im Umfeld der Schule vorurteilsfrei und offen zu begegnen um die Lebenswirklichkeit der Menschen in Chanka kennen zu lernen als Basis für Vertrauen und Verbundenheit. Dazu haben wir uns selbst geöffnet und versucht, durch unser Denken und Handeln über uns und unser Leben zu erzählen.
In der selbstkritischen Reflektion zum Verlauf der bisherigen Kommunikation haben wir übereinstimmend festgestellt, dass für eine gelingende Partnerschaft der regelmäßige Kontakt und Austausch miteinander unabdingbar ist und wir das für mindestens viermal im Jahr verbindlich festgelegen. Diese Kommunikation gilt es nun aufrechtzuerhalten und lebendig zu gestalten.
Festgestellte Mangelsituation an der Partnerschule
können zu Aktionen praktischer Solidarität führen, dass ist ebenfalls ein
wichtiger Aspekt der Partnerschaft.
Wir wollen mit unserer Mobilität, unseren Möglichkeiten für Kontakte, Mittel
und Vernetzungen sorgen, d.h. auch ganz konkret mit der Wunschliste unserer
Partner agieren.
In der Nachbereitung unserer Reise zeigt sich für mich deutlich die schon nach der Reise 2013 benannte Aufgabenstellung:
Wie wird aus unserem Kleingruppenengagement das Anliegen einer Schule? Welches Kernteam arbeitet weiter:
- an einem kontinuierlichen Austausch mit der Partnerschule
- an der weiteren Aufarbeitung des Reisematerials mit dem Ziel einen „Partnerschaftskurzfilm“ zu konzipieren
- an einer Ideensammlung, Sicherstellung für die Integration der Schulpartnerschaft in den Unterricht, auch mit externer Kooperation, z.B. Foto-Ausstellung, Kino-Reihe, Aufnahme von Produkten, z.B. Kaffee, Musikprojekt, Kunstprojekt
Unser Anliegen ist dabei immer wieder auch uns und die Schüler für den weiten Blick über den Tellerrand zu motivieren und unser Leben in Konfrontation mit anderen Lebens-, Denk- und Verhaltensweisen zu sehen. Wir initiieren damit weiterhin ein Lernen außerhalb von Schulfächern und Schulgrenzen.
Nächste Schritte/Weg zur Partnerschaftsvereinbarung:
- detaillierte Partnerschaftsvereinbarung gemeinsam ausarbeiten, durch einen Bericht unseres Besuches und erneuten Vorschlag unsererseits bekräftigen
- Prozess und Teilergebnisse an der Schule öffentlich machen
- gemeinsame thematische Arbeit vorbereiten, ausgerichtet anhand der Wunschliste unserer Partner
- Ziel- und Zeiträume, in denen etwas erreicht werden soll, festlegen
- Teamwork/Kleingruppe initiieren
- Einbeziehung der Schulgemeinschaft Lernbegleiter, Schülerinnen sowie Eltern in Vorbereitung und Durchführung mit einbinden, Vernetzung im Bezirk (Lokale Agenda 21), Comenius, Stiftung Nord-Süd Brücken, ENSA
- Partizipation der Schülerinnen in allen Entwicklungsphasen umfangreich ermöglichen
- möglichst die ganze Schule integrieren, die Schulpartnerschaft ins Schulprogramm/Schulcurriculum aufnehmen
Zukunftsperspektiven
Anknüpfend an unsere Interviewfragen wollen wir den
Perspektivwechsel auf Afrika konsequent durchhalten und in unserem Umfeld
lebendig gestalten!
Wir setzen uns insbesondere an unserer Schule dafür ein, dass wir ein an dem
Begriff „Weltbürger“ und den damit verbundenen Fähigkeiten anknüpfen wollen um
ein Denken in weltweiten Zusammenhängen und dahingehend die
Persönlichkeitsbildung der SchülerInnen zu prägen.
Im Austausch mit unserer Partnerschule geht es auch in Zukunft um Bildung/Ausbildung und damit Fragen nach einem sinnerfülltem Leben,
Anerkennung und Selbstbestimmung-sei es im
Zusammenhang mit Berufswahl und Existenzsicherung oder auch in Beziehungen. Es
geht um den Prozess der Werteerklärung, Werte, die beim Übergang ins
Erwachsenenalter eine Richtung geben können.
Dabei werden auch Grundfragen nach dem Sinn des Lebens in den unterschiedlichen
Kulturen berührt.
Die Herausforderung an beide Seiten, die wegführt von dem „Thron“ der entwickelten Gesellschaften hin zu einem gleichberechtigtem Nebeneinander (side by side), dieser Herausforderung im Verständigungsprozess werden wir uns immer wieder stellen!
Eine Schulpartnerschaft reiht sich in eine ganze Reihe von Aktivitäten ein, die das Schulprofil zu den Folgen der Globalisierung herausfordert.
Horizonterweiterung und Engagement für Gerechtigkeit, Umweltschutz, Menschenrechte, Frieden und Wege zu einem ein menschenwürdigen Zusammenleben auf dieser einen Welt sind Merkmale einer Bildung für nachhaltige Entwicklung.
Martina Jambor